HAUTNAH 2017

Hautnah

Malerei hautnah zu erfahren bedeutet, das Original aus der Nähe zu betrachten und zu erleben, bedeutet sinnliche Wahrnehmung, sinnliche Empfindung – vielleicht Farbgefühle, Lichtstimmungen, die berühren und „unter die Haut gehen“. Die Haut ist das größte Sinnesorgan des Menschen und sie ist sensibel - nicht nur bei Berührungen - sie ist mehrschichtig und bei jedem Menschen einzigartig. Jeder Mensch – auch ein Zwilling – hat einen anderen Fingerabdruck.

Auch die Malerei und Lichtinstallation sind in diesem Sinne ein Unikat. Ich möchte das „Drüber & Drunter“ der Haut des Keilrahmens, der mit Farbe gestalteten Leinwand, offenlegen. Die Leinwand wird – ein wenig wie beim Röntgenbild – von der Rückseite mit Licht durchleuchtet und öffnet so eine zweite Dimension der Wahrnehmung: ein Bild, eine Installation – aber zwei veränderte Bildwelten. Ich möchte so mit dem Licht „unter die Haut – unter die Leinwand gehen“ und neue Farbempfindungen auslösen, Wahrnehmungen verändern und bereichern. Wenn mir das mit einem Bild oder Baustein einer Bildkomposition gelingt, hätte ich meine Intention erreicht – eine kleine seelische Bereicherung.

Auch Texte können die Bildaussage bereichern und umgekehrt; das Bild oder die Installation kann die Textaussage intensivieren. Selbst Textpassagen können „unter die Haut gehen“. Seelisch positive Stimmungen des Menschen wirken sich auch positiv auf seine Haut aus.

Dass Seele und Körper wie Yin und Yang (Licht-Bilder-Säule „Kreislauf“) aufeinander angewiesen sind und eine wechselseitige Beziehung haben, hat die Psychosomatik vielfach belegt. So können seelische Einflüsse auch Hautreaktionen hervorrufen. Die bekanntesten Beispiele sind wohl das Erröten der Haut bei Aufregung oder die „Gänsehaut“, die nicht nur durch Kälte, sondern auch bei außerordentlich positiven Empfindungen auftreten kann. Zwar sind wohl die meisten Hauterkrankungen organischen Ursprungs, aber seelische und psychosoziale Hintergründe können ebenfalls eine Rolle spielen. Auch das Auge - ein für den Menschen besonders wertvolles Sinnesorgan - verfügt über unterschiedliche sensible Hautschichten wie Bindehaut, Hornhaut, Netzhaut oder Regenbogenhaut. Augen spiegeln die Seele (Collage „Augen-Blicke“). Das seelische Gleichgewicht des Menschen ist für seine Gesundheit von besonderer Bedeutung.

Das Diptychon „Wandlungen II: Zum seelischen Gleichgewicht“ transformiert diesen Prozess. Die linke Bildtafel zeichnet sich durch eine dunkle, unruhige Oberfläche und die rechte durch eine helle, ruhige Struktur aus. Thematische Lichtbilder öffnen den Blick zu exemplarischen Voraussetzungen dieses Prozesses: „Harmonie“ und „Ruhe“. Sie bewirken symbolisch eine „stille Zellformation“, die vielleicht positive Träume beflügelt. Eine künstlerische Transformation ist im Bild „Nachtfalter“ angelegt.

Ich danke Herrn Dr. med. Johannes Niesmann & Herrn Dr. med. Nick Othlinghaus, dass sie die Ausstellung im Hautzentrum des Jahrhunderthauses Bochum möglich gemacht und mich mit großem Interesse unterstützt haben. Die Ausstellung ist die Premiere einer kontinuierlichen Folge von Wechselausstellungen im neuen „Hautzentrum Jahrhunderthaus“ mit dem Titel „KUNST HAUTNAH“.

Karl-Heinz Pasing

im Januar 2017